Von außen betrachtet war es eine Abschlussfeier. Für die Beteiligten war es weit mehr: ein Ritual des Übergangs, ein gelebtes Zeichen von Gemeinschaft und gelebter Schulfamilie.
Freitagmorgen, Punkt 10 Uhr, Professor-Fleischmann-Turnhalle. Kein Spektakel, keine Show – und doch ein Moment, der hängen bleibt. Die Bühne schlicht, die Technik verlässlich. Eine XXL-Leinwand zeigte Kinderfotos und aktuelle Bilder. Und dann: einer nach dem anderen, liefen die Absolventinnen und Absolventen über einen roten Teppich nach vorn – begleitet von ihrem persönlichen Lied, auf dem Weg zur Bühne, auf dem Weg ins Leben.
Zuvor: der gemeinsame Gottesdienst. Ein Innehalten, ein Atemholen. Dort bekamen die Schülerinnen und Schüler Kreuze und kleine, farbige Glasscheiben überreicht – von Hand gefertigt vom Lehrerkollegium. Nicht aus Pflicht, sondern aus Zuneigung. Ein stilles Zeichen: Du bist hier gesehen worden.
Dann die Feier selbst: ruhig, würdevoll, von vielen Momenten stiller Rührung getragen. Man spürte, dass sich hier nicht einfach ein Schuljahr schloss, sondern ein Lebensabschnitt. 100 junge Menschen wurden verabschiedet – mit Stolz, mit Wärme, mit ehrlicher Nähe.
Es flossen Tränen. Nicht als Show, sondern weil man sich kannte. Weil man wusste, was man miteinander erlebt hat. Und weil man spürte: Hier wird mehr losgelassen als ein Stundenplan.
Bemerkenswert auch die Zahlen: 38 Prozent der Absolventinnen und Absolventen mit einer Eins vor dem Komma. Doch gefeiert wurde nicht die Statistik, sondern das, was dahinter liegt – ein Schulklima, in dem Leistung durch Vertrauen entsteht und Miteinander keine Floskel ist.
Nach der offiziellen Zeremonie: Sekt, Begegnungen, Erinnerungsfotos an der von Schülerhand gestalteten Fotowand. Kein Pflichtprogramm, sondern echte Begegnung.
In guter Gnadenthal-Tradition haben Schülerinnen aus den neunten Klassen mitgeholfen – beim Aufbauen, Dekorieren, Organisieren. Eine ganze Woche lang wurde geplant und mitgedacht. Auch das gehört hier dazu: Verantwortung übernehmen, sich einbringen, wachsen – nicht nur im Unterricht, sondern mittendrin im echten Leben.
Und dann, ganz zum Schluss, blieb vor allem eines spürbar:
Gnadenthal ist nicht einfach ein Ort, an dem man unterrichtet wird. Es ist ein Ort, an dem man aufwächst – gemeinsam, über sechs Jahre hinweg, durch Höhen und Tiefen, mit Menschen, die mehr sind als nur Lehrkräfte oder Klassenkameraden.
Diese 100 Jugendlichen gehen nun hinaus in eine Welt, die größer, schneller, anonymer ist. Aber sie gehen nicht allein. Sie nehmen etwas mit: das Gefühl, Teil einer Schulfamilie gewesen zu sein.
Und vielleicht ist das das größte Geschenk, das Schule geben kann.